Veröffentlichungen: Aufsätze

Eine steht im Garten der Weilburger "Villa im Park"

Marmor-Grenzsäulen im Herzogtum Nassau markierten den Hoheitsbereich

Von unserer Mitarbeiterin Helga Reucker

Bereits in früherer Zeit hat man Meilen und sogenannte Stundensteine zur Bezeichnung der Hoheits- und Gemarkungsgrenzen aufgestellt, von denen bis heute noch einige erhalten sind.
Zollschranken

Anlass für diese Entscheidung war das Edikt vom 9./11. Dezember 1815, nachdem sämtliche Zölle aufgehoben worden waren. Nun plante man, auch im Hinblick auf den Ausfall der Gelder, wieder eine mäßige Verbrauchszollabgabe auf diejenigen "ausländischen", d. h. nicht nassauischen Erzeugnisse zu erheben, die zum inländischen Verbrauch eingeführt wurden. So errichtete man die Zollschranken erneut und durch das Edikt vom 30. August 1822 trat die neue Regelung in Kraft. Davon betroffen waren nicht diejenigen Waren, die auf ihrem Transportweg nur nassauisches Hoheitsgebiet durchfuhren. Für diese wurden besondere Ein- und Ausfuhrstationen bestimmt. An den Grenzen der Landstraßen zum Herzogtum sollten nach dem Muster anderer Staaten steinerne Grenzsäulen mit dem herzoglichen Wappen aufgestellt werden und diese, ebenso wie alle sonstigen öffentlichen Zeichen wie zum Beispiel Wegweiser, Brückengeländer und Barrieren in den nassauischen Hausfarben gelb und blau gestrichen werden. Alle Zeichen sollten nach gleichem Muster und mit gleicher Schrift gefertigt werden. Da besonderer Wert auf die Grenzsäulen gelegt wurde, so war für diese eine Zeichnung "zur höchsten Aprobation" vorzulegen.
Marmor empfohlen

Vom 1. Oktober 1822 ist ein "unterthäniger Bericht der H. Landesregierung an das H. Staatsministerium" erhalten, der  besonders zu den Säulen nähere Auskünfte gibt. Darin heißt es: "... Da die Haupt-Grenz-Säulen von Stein gefertigt werden sollen, in dem Herzogthum Naßau aber außer Marmor keine zu solchen größeren Monumenten passende Steinart existirt und es grad hierbey vorzüglich sachgemäß ist ein inländisches Produkt aufzustellen, so dürfte zu den fraglichen Grenz-Säulen Marmor gewählt werden. Es wird dadurch auch dem Inlande die nicht unbeträchtliche Kostensumme zugewendet, welche in das Ausland gehen müßte, wenn der sonst gewöhnliche fränkische rothe Sandstein verwendet würde. Unterdieß empfiehlt sich auch der Marmor vor dem erwähnten Sandsteine durch Schönheit und Dauerhaftigkeit."

Zuchthausarbeit

Bereits im Januar 1823 wurde durch den Direktor des Zuchthauses in Diez mitgeteilt, das dort in der Marmorfabrik nach einer vorgegebenen Zeichnung die Grenzsäulen gefertigt werden sollen. Von den insgesamt geplanten 16 Säulen beabsichtigte man im Laufe des Jahres fünf Stück fertig zu stellen. Für die Ausarbeitung des Wappens lieferte der Mainzer Bildhauer Scholl das preisgünstigere Angebot mit 32 fl. gegenüber dem Kostenvoranschlag des Weilburgers Philipp Metzler, der sich auf 44 fl. pro Stück belief. Trotz dieser Differenz schloss man am 23. April 1823 einen Liefervertrag mit ihm ab.

So gab es im alten Oberlahnkreis bei * Altenkirchen im Wald Grenzsteine zwischen Preußen und Nassau, * in der Gemarkung Barig-Selbenhausen Grenzsteine zwischen Nassau-Weilburg und Nassau-Oranien, * in Cubach Steine der Nassau-Greifenklauischen Zehntgrenze, * in der Gemarkung Dietenhausen Steine der Nassau-Preußischen-Grenze, * in der Gemarkung Heckholzhausen Steine der Fürstlich Wiedischen und Gräflich Merenbergischen Grenze, * in der Gemarkungsgrenze Löhnberg-Niedershausen Steine der Nassau-Weilburgischen und Nassau-Dillenburgischen Grenze, * in der Gemarkung Mengerskirchen Steine der Nassau-Oranischen Grenze, * in Philippstein vier Nassauisch-Preußische Grenzsteine, * in der Gemarkung Probbach Steine der Nassau-Oranischen und Nassau-Weilburgischen Grenze, * in der Gemarkung Reichenborn und Rückershausen Steine der Nassau-Oranischen und Nassau-Weilburgischen Grenze, * in Selters auf der Gemarkungsgrenze.

Grenzsteine zwischen Nassau und Preußen, * bei Weilmünster auf der Fürstlich Braunfelsischen Grenze Steine, bezeichnet auf Weilmünsterer Seite mit H.N. und G.W.M., auf Braunfelser Seite mit C.C.F.B. und R.P., * zwischen den Gemarkungen Weilmünster, Kröffelbach und Brandoberndorf den Dreiherrenstein, * in der Gemarkung Winkels Steine der nassauischen und preußischen Grenze.

Um die staatliche Souveränität des Herzogtums Nassau zu verdeutlichen, fasste die Landesregierung auf Wunsch Herzog Wilhelms 1822 den Beschluss, die Landesgrenzen besonders markant zu kennzeichnen.

Einem Schreiben des "Dirigirenden Staatsministers des Herzoglich Nassauischen Staatsministeriums an  die Herzogliche Landesregierung" vom 30. August 1822, sind nähere Einzelheiten über die "Aufstellung von Grenzsteinen und sonstigen öffentlichen Zeichen in dem Herzogthum Naßau" zu entnehmen.

Wappen an Säulen

Dieser enthielt eine genaue Beschreibung der Arbeitsgänge, die Metzler auszuführen hatte, um die Wappen an den Säulen exakt nach einem Gipsmodell zu arbeiten. Die gesamte Arbeit musste in den Zuchthausfabriken gefertigt und durfte nicht unterbrochen werden. Sofern nach Fertigstellung der ersten fünf Säulen auch die Bearbeitung der Wappen für die sämtlichen geplanten Säulen anschließend erfolgen konnte, verpflichtete sich Metzler jedes Wappen für 30 fl. anzufertigen. Sollten die Arbeiten auf das Jahr 1824 verschoben werden, so verlangte er pro Stück 33 fl. Später wollte er keine Arbeit in dieser Art mehr übernehmen.

Protest

Aus Villmar wurden zwei Bittschriften der Brüder Engelberd und Peter Leonhard an das Herzoglich-Nassauische Staatsministerium gerichtet, in welchen beide, die sich als "Marmorirer" bezeichnen, dagegen protestieren, dass die Säulen in der Marmorfabrik des Diezer Zuchthauses hergestellt werden sollen.

Laut einer Ministerial-Entschließung vom 7. März 1825 bekamen die ersten fünf Grenzsäulen folgende Standorte:

1) im Amt Herborn auf der Landesgrenze unweit des Sinner Hofs,
2) im Amt Hochheim an der Frankfurter Chaussee auf der Landesgrenze nach Castel hin,
3) im Amt Montabaur an der Coblenzer Chaussee auf der Landesgrenze zwischen Neuhäusel und Aremberg,
4) im Amt Usingen an der Homburger Chaussee auf der Landesgrenze unweit des Klosters Thron,
5) im Amt Weilburg an der Braunfelser Chaussee auf der Landesgrenze nach Braunfels hin.

Nach der Annektion des Herzogtums Nassau durch Preußen gibt ein Aktenauszug von 1872 Auskunft über den Verbleib beziehungsweise das Schicksal der Säulen. Demzufolge bot man einen Teil zur Versteigerung an, diejenige im Amt Hochheim wurde mit dem preußischen Wappen versehen und blieb an ihrem Standort, ebenso jene zwischen Niederlahnstein und Horchheim.

Versteigerung

Am 9. März 1872 fand die Versteigerung der Säule, die an der Landesgrenze an der Weilburg-Braunfelser Chaussee stand, statt. Ein Schreiben vom 24. Juli 1872 an das Königliche Amt zu Weilburg sagt aus, dass die im Tiergarten lagernde Säule für 7 Taler, 12 Silbergroschen und 11 Pfennige von dem Bildhauer Metzler in Weilburg erworben wurde. Später erwarb - das Jahr ist nicht bekannt - der Ingenieur und Hüttendirektor Carl Mischke die Säule. Sie steht bis heute in dem großen, parkähnlichen Garten, der die großräumige Villa, die Mischke um die Jahrhundertwende bauen ließ, umgibt. (Heute "Hotel Villa im Park", Frankfurter Straße 12).

Quelle: "Weilburger Tageblatt" v. 15.10.1999

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